Mitarbeitende oder Auszubildende zu finden, ist schwierig? Wir haben Meraki Hairdesign gefragt, warum sie kein Problem damit haben und was sie anders machen als andere. Ein Porträt aus der Branche.
Wer ist Meraki Hairdesign?
Vor ca. 6 Jahren im September 2017 gründeten Mylena und Michelle den Salon Meraki Hairdesign in Winterthur. Heute haben sie 3 Standorte, 18 Stylisten, 6 Auszubildende, einen Wohnwagen für das Haareschneiden auf Festivals und einen Pop-up-Store.
Wir haben Ihnen ein paar Fragen gestellt und wollten wissen, warum sie so erfolgreich sind und keine Mühe haben passende Mitarbeitende oder Auszubildende zu finden.
Zum Salon an der Pionierstrasse 18
Zum Salon an der Pionierstrasse 24
Zum Salon am Obertor 35
Warum habt ihr euren eigenen Salon gegründet?
Als wir noch angestellt waren, hat uns einiges nicht gefallen. Wir dachten uns, eigentlich können wir das auch. Wir wollten dies von Anfang an anders machen als andere. Von anderen Branchen lernen, denn dort läuft es schon längst anders. Meiner Meinung nach sind wir hier veraltet. Sei es, was die Löhne betrifft, Zusatzleistungen oder Benefits. Wir versuchen immer innovativ zu bleiben und alles ein wenig anders zu machen.
Was ist bei euch anders bei den Arbeitsbedingungen?
Wir bei Meraki Hairdesign zahlen höhere Löhne als der Durchschnitt und haben ein besseres Umsatzsystem, sodass unsere Mitarbeitenden auch relativ viel am Umsatz verdienen. Hierfür müssen sie 2-Mal ihren Lohn umsetzten und ab dann gibt es pro 1’000 Umsatz mehr jeweils gestaffelt 150.-. Ende Jahr gibt es zudem immer für alle nochmals ein Bonus von 500.- pro Dienstjahr. Wenn jemand also schon 4 Jahre dort arbeitet, bekommt er einen Bonus von 2’000.-.
Unsere Mitarbeitenden haben 1 Woche mehr Urlaub als die meisten Angestellten und nach 5 Jahren bekommen alle noch eine 6 Woche Urlaub dazu. Am Mittwoch bieten wir gratis Yoga-Stunden an, wir machen 1-Mal im Jahr ein Team Wochenende, wo wir weggehen und sitzen einmal im Monat zusammen und bilden uns weiter mit Persönlichkeitsentwicklung, Feedbackkultur etc. Weiter haben alle Mitarbeitende jeweils 1 Samstag im Monat frei.
Wir haben festgestellt, dass alle dadurch viel dankbarer sind, lieber arbeiten und mehr zurückgeben. Und genauso viel wie sie uns geben, können wir dann natürlich auch wieder zurückgeben. Diese Rückmeldung bekommen wir auch oft von unseren Kunden. Dass die Stimmung gut ist, alle gerne hier arbeiten und ein tolles Team-Gefühl zu spüren ist.
Warum bildet ihr Lernende aus?
Weil wir es eine sehr schöne Arbeit finden.
Es ist wichtig auch lernende auszubilden, gerade wenn man immer wieder von Fachkräftemangel spricht, ist es in der Verantwortung von uns allen die passenden Leute auszubilden. Und es kommt natürlich auch sehr viel wieder zurück. So haben wir auch die tolle Erfahrung gemacht, dass die ersten 2 Lehrlinge bei uns angestellt blieben.
Dank ihnen bleiben wir auch jung, innovativer und bekommen die Trends mit, die gerade angesagt sind.
Und ein weiterer wichtiger Vorteil: Du wirst gefordert, das Fachwissen anzuwenden, dich wieder mit der Basic auseinanderzusetzen und neu zu lernen. Das ist ein Vorteil für uns, aber auch für das ganze Team. Es ist einfach schön etwas weiterzugeben und sie auf diesem langen und wichtigen Schritt zu begleiten wie auch die persönliche Entwicklung in den Jahren mitanzusehen.
Wie viele Lehrlinge bildet ihr im Jahr aus?
Wir hatten mal mit einer Auszubildenden angefangen. Letztes Jahr waren es dann schon zwei und in diesem Jahr bilden wir 4 aus. Es war uns aber nie wichtig, wie viele wir ausbilden, sondern immer wie viele wir finden, wo wir Potenzial sehen und ins Team passen. Aktuell haben wir also insgesamt 6 Auszubildende.
Alle haben Mühe, Lernende zu finden. Wie macht ihr das?
Zu Beginn hatten wir auch Mühe. Dann haben wir alle Schulen in Winterthur angeschrieben und dort, wo wir konnten, uns vorgestellt. Mittlerweile haben wir aber auch das Glück, dass wir ein wenig bekannt sind. So konnten wir auch schon über die bestehenden Lernenden, die jemand kannten, der eine Ausbildung sucht, weitere Auszubildende finden. Wir haben zudem schon zweimal an einem Programm von der Schule aus namens Lift (https://jugendprojekt-lift.ch/) mitgemacht. Dort verbringen Schüler, die Mühe haben oder verhaltensauffällig sind, jeweils 2 Stunden am Mittwochnachmittag im Salon und sammeln erste Erfahrung mit der Berufswelt. Dadurch konnten wir auch schon meega tolle Leute finden, denen wir sonst vermutlich gar nie die Chance gegeben hätten.
Weiter publizieren wir natürlich auch unsere offenen Stellen von Meraki Hairdesign jeweils auf den Job-Plattformen.
Ist der Job für junge Menschen noch attraktiv genug?
Ich finde, es gibt so viele positive Aspekte, auf die man sich versuchen sollte zu fokussieren und nicht immer nur das Negative sehen. Natürlich bin ich weniger flexibel und ich muss Urlaub vorausplanen, da ich sonst die Termine nicht koordinieren kann. Aber dafür kann ich vielleicht viel länger Urlaub machen, mal auf eine Reise gehen, habe unter der Woche frei, was sonst nicht viele haben und kann dort viel erledigen oder für mich nutzen.
Dass sich die Work-Life-Balance verändert, spüren auch wir. Vielen ist es wichtig, dass sie ihre Freizeit auch leben können. So haben wir fast keine Mitarbeitende mehr, die 100% arbeiten. Die meisten arbeiten 80%. Und ich muss feststellen – sie sind viel motivierter und weniger krank.
Aktuell ist ja die 4-Tage-Woche überall ein Thema. Wir haben uns tatsächlich auch schon überlegt, die 4-Tage-Woche einzuführen. Ich finde den Ansatz toll und ich glaube, man sollte da dranbleiben und mit der Zeit mitgehen. Ich habe einfach persönlich noch keinen geeigneten Weg gefunden, wie ich dies am besten umsetzte, besonders was die Arbeitspläne betrifft.
Aber nochmals zurück zu deiner Frage. Was in unserem Job auch oft unterschätzt wird, ist das, was die Kunden uns geben. Wenn ich mit Freunden oder Kunden über ihre Arbeit im Büro spreche, muss ich feststellen, dass wir viel glücklicher sind bei der Arbeit. Es kommt immer was zurück. Du siehst das Ergebnis der Arbeit, die Freude der Kunden, wenn sie das Endresultat sehen, den Dank, den wir und das Lächeln, mit dem sie den Salon verlassen. Wir bekommen so viel an Freude und Wertschätzung zurück. Das lieben wir.
Doch auch unser Job ist, was den Lohn betrifft, wie viele andere Jobs oder Branchen. Wenn du viel verdienen willst, was du auch kannst, musst du natürlich auch was dafür machen.
Als Coiffeur kannst du gut Geld verdienen?
Ja total. Natürlich verdienst du auch im KV oder anderen Berufen nicht gleich 8000.- nach der Lehre. Aber wenn man eine tolle Arbeit macht und gut performt, kann man auch als Coiffeur:euse sehr gut verdienen. Dies sogar als Angestellte:r, ohne sich selbständig zu machen.
Letzte Frage. Wenn du dir betreffend dem Thema Lehrstelle oder Auszubildende etwas wünschen könntest, was wäre das?
Wir müssen sicherlich alle moderner werden. Was die Branche betrifft, es ist alles ein wenig veraltet. Wenn ich auf die ÜK’s oder Lehrabschlussfeier schaue, würde ich mir wünschen, dass auch die Verbände wie Coiffure Suisse und anderen Akteure der Branche mit der Zeit mitgehen und offen sind für neue Wege und Innovationen.
Und es sollte besser kontrolliert werden. Bei uns kam in den 6 Jahre nur einmal jemand vorbei.